Wann macht eine Hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT) bei Long-COVID, ME/CFS und Post-Vac-Syndrom Sinn?
In der letzten Zeit sind postvirale Syndrome wie Long-COVID, das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) und das Post-Vakzinierungssyndrom immer mehr in den Fokus der medizinischen Gemeinschaft gerückt. Diese Zustände werden von einer Vielzahl von Symptomen begleitet, darunter "Fatigue" und Belastungsintoleranz, "brain fog" und Kopfschmerzen, Dysautonomien wie "POTS" oder Muskel- und Gelenkschmerzen. Eine immer wieder genannte Behandlungsoption, die auch in Studien bereits getestet wurde und vielversprechende Ergebnisse bei der Linderung dieser Symptome zeigt, ist die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT).
Was ist die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT)?
Die Hyperbare Sauerstofftherapie ist eine medizinische Behandlung, bei der Patienten reinen Sauerstoff in einer Umgebung mit erhöhtem Umgebungsdruck einatmen. Dies kann in speziellen Druckkammern durchgeführt werden, die den Druck auf das Zwei- bis Dreifache des normalen atmosphärischen Drucks erhöhen. Während der Behandlung atmet die PatientIn Sauerstoff in höheren Konzentrationen ein, was dazu führt, dass mehr Sauerstoff im Blut gelöst wird und eine verbesserte Sauerstoffversorgung von Geweben und Organen erfolgt.
HBOT bei Long COVID, ME/CFS und Post-Vakzinierungssyndrom
Studien deuten darauf hin, dass HBOT positive Auswirkungen auf Patienten mit Long-COVID, ME/CFS und dem Post-Vakzinierungssyndrom haben könnte. Der Hauptmechanismus hinter den potenziellen Vorteilen von HBOT liegt in der Steigerung der Sauerstoffversorgung im Körper, was zur Verbesserung der Energieproduktion, der Immunantwort und der Gewebereparatur beitragen kann.
Wirkung und Studien:
Einige Forschungsarbeiten haben vielversprechende Ergebnisse im Zusammenhang mit HBOT und diesen Zuständen gezeigt. Eine Studie, berichtete über Verbesserungen der Lebensqualität und der körperlichen Leistungsfähigkeit bei ME/CFS-Patienten nach einer Serie von HBOT-Sitzungen. Eine weitere Studie, untersuchte die Auswirkungen von HBOT bei Long COVID-Patienten und fand Hinweise auf eine Verringerung der Entzündungsmarker sowie eine Verbesserung der kognitiven Funktionen.*
Risiken
Obwohl HBOT zur Behandlung verschiedener medizinischer Zustände eingesetzt wird, können auch einige Nebenwirkungen auftreten. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören vorübergehende Ohr- oder Nasennebenhöhlenbeschwerden, die durch den Druckausgleich im Mittelohr verursacht werden können. In seltenen Fällen kann es zu einem Barotrauma kommen, einer Verletzung, die auftritt, wenn der Druckunterschied zwischen dem Inneren des Körpers und der Umgebung zu groß wird und zu Schäden an den Geweben führen kann. Weitere seltene Nebenwirkungen können Sauerstoffvergiftung, Sehstörungen oder Krampfanfälle sein. Da eine HBOT immer unter der Aufsicht von medizinischem Fachpersonal durchgeführt wird erfolgt eine strenge Überwachung der Patienten. Des Weiteren ist zu beachten, dass eine HBOT auch den oxidativen Stress kurzfristig erhöhen kann und daher ggf. vermehrt antioxidative Maßnahmen erfolgen müssen.
Für wen eignet sich die HBOT?
Diese Frage ist pauschal leider nicht zu beantworten. Gerade aber wenn der Fokus der Erkrankung auf einer Sauerstoffunterversorgung des Gewebes liegt, kann eine HBOT durchaus Sinn machen und die Beschwerden verbessern. Eine Sauerstoffunterversorgung liegt z.B. vor, wenn es durch "micro clots" zu einem Verschluss der Kapillaren, oder sogar dadurch zu einem Untergang der Kapillaren gekommen ist (Dekapillarisierung). Auch kann eine Sauerstoffunterversorgung durch eine endotheliale Dysfunktion oder Autoantikörper vorkommen. Letztendlich hat man nie die Gewissheit, ob eine HBOT bei einem Patienten eine Besserung bringt, jedoch kann eine ausführliche Vordiagnostik z.B. mit Laborwerten oder einer Kapillarmikroskopie und Beratung Hinweise auf eine Tendenz geben.
Fazit:
Obwohl die Forschung zu HBOT und seinen Auswirkungen auf Long-COVID, ME/CFS und das Post-Vakzinierungssyndrom vielversprechend ist, bleibt noch viel zu tun, um die genauen Wirkmechanismen und langfristigen Ergebnisse zu verstehen. Eine HBOT sollte immer unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden, da es potenzielle Risiken und Kontraindikationen gibt. Die Hyperbare Sauerstofftherapie hat das Potenzial, eine wichtige Rolle in der Behandlung dieser komplexen Zustände zu spielen, doch weitere Forschung ist erforderlich, um ihren Nutzen und ihre Sicherheit zu bestätigen. Ob eine HBOT letztendlich eine Symptombesserung bringt hängt von dem eigenen Krankheitsschwerpunkt ab und sollte vorher ausführlich abgeklärt werden.
*Robbins, Tim, et al. "Hyperbaric oxygen therapy for the treatment of long COVID: early evaluation of a highly promising intervention." Clinical Medicine 21.6 (2021): e629.
Akarsu, Selim, et al. "The efficacy of hyperbaric oxygen therapy in the management of chronic fatigue syndrome." Undersea Hyperb Med 40.2 (2013): 197-200.
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