Wie erklären wir uns die Wirkung dieses unkonventionellen Ansatzes?
Die anhaltenden Auswirkungen von Long-COVID haben die medizinische Gemeinschaft dazu veranlasst, innovative Therapieansätze zu erforschen. Eine ungewöhnliche Option, die zunehmend in den Fokus rückt, ist die Verwendung von Nikotinpflastern. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die mögliche Wirkungsweise und Anwendung von Nikotinpflastern bei der Behandlung von-Long COVID.
Was ist Nikotin?
Nikotin ist eine chemische Verbindung, die in Tabakpflanzen vorkommt und eine starke Wechselwirkung mit den sogenannten nikotinergen Acetylcholinrezeptoren im Körper aufweist. Diese Rezeptoren sind in vielen Geweben und Organen des Körpers vorhanden, einschließlich des Gehirns, der Muskeln und des Herz-Kreislauf-Systems. Nikotin ist tatsächlich ein natürlich vorkommendes Alkaloid in der Tabakpflanze und wirkt als Nervengift, das die Fressfeinde der Pflanze abschreckt.
Im Körper interagiert Nikotin mit den nikotinergen Rezeptoren, indem es ihre Aktivität stimuliert. Diese Rezeptoren sind normalerweise Teil des cholinergen Systems, das für die Übertragung von Nervensignalen verantwortlich ist. Wenn Nikotin an diese Rezeptoren bindet, führt dies zur Freisetzung verschiedener Neurotransmitter, insbesondere Dopamin, Serotonin und Noradrenalin. Diese Neurotransmitter sind mit angenehmen Empfindungen, gesteigerter Aufmerksamkeit, verbesserter Stimmung und einer gewissen analgetischen Wirkung verbunden.
Die stimulierende Wirkung von Nikotin auf die nikotinergen Rezeptoren im Gehirn kann zu einer Sucht führen, da sie das Belohnungssystem aktiviert und angenehme Empfindungen erzeugt. Regelmäßiger Tabakkonsum kann zu einer erhöhten Toleranz gegenüber Nikotin führen, was wiederum zu verstärktem Tabakkonsum führt, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Dieser Zyklus trägt zur Entwicklung der Nikotinabhängigkeit bei.
Die überraschende Rolle von Nikotin:
Nikotin alleine hat interessanterweise auch neuroprotektive und entzündungshemmende Eigenschaften. Diese Eigenschaften könnten bei der Linderung einiger Symptome von Long-COVID, ME/CFS und Post-Vac-Syndrom von Nutzen sein, wie z.B. der kognitiven Beeinträchtigung ("brain fog") und der Erschöpfung (Fatigue).
Wirkungsweise von Nikotinpflastern:
Nikotinpflaster liefern eine kontrollierte Menge Nikotin über die Haut, ohne dass dabei die schädlichen Auswirkungen des Rauchens auftreten. Nikotin kann sich an bestimmte Nikotinrezeptoren im Gehirn binden und die Freisetzung von Neurotransmittern wie Dopamin beeinflussen. Dies kann zur Verbesserung der Stimmung, Konzentration und kognitiven Funktionen beitragen, was insbesondere für Menschen mit Long-COVID, ME/CFS und Post-Vac-Syndrom von Interesse ist.
Die Anwendung von Nikotinpflastern:
1. Konsultation einer ÄrztIn: Bevor Sie mit einer Therapie mit Nikotinpflastern beginnen, ist es entscheidend, eine ÄrztIn zu konsultieren, da Nikotinpflaster für Menschen mit bestimmten gesundheitlichen Bedingungen nicht empfohlen werden.
2. Auswahl der Dosis: Nikotinpflaster sind in verschiedenen Dosierungen erhältlich. Eine passende Dosis wird je nach Erfahrungswerten ausgesucht aber auch nach dem persönlichen Befinden angepasst. Eine pauschale Angabe für jede Patient:in ist nicht möglich. Die niedrigste Dosis ist dabei oft 3,5 mg.
3. Anwendung: Nikotinpflaster werden auf saubere, trockene Haut aufgebracht, in der Regel am Oberkörper oder am Oberarm. Es ist wichtig, die Anweisungen auf der Verpackung sorgfältig zu befolgen, um eine korrekte Anwendung sicherzustellen. Man kann z. B. auch Teile des Pflasters ankleben um eine geringere Wirkstoffübertragung zu erreichen. Man sollte die Pflaster dabei aber niemals durchschneiden.
4. Wechselnde Pflaster: Je nach Produkt können Nikotinpflaster täglich gewechselt werden. Dies gewährleistet eine konstante Nikotinzufuhr.
5. Zyklische Anwendung: Nikotinpflaster können zyklisch angewendet werden mit der Hoffnung auf eine dauerhafte Besserung. Wie wieviel Zyklen, wie oft und wie lange durchgeführt werden ist ebenfalls eine individuelle Entscheidung und sollte zusammen mit einer medizinischen Fachperson getroffen werden. Häufig kann mit einer Dosis von 3,75 mg über 3-4 Tage begonnen und dann mit 7,5 mg über weitere 7 Tage weiter geführt werden.
Wichtige Hinweise:
Es ist unerlässlich zu beachten, dass Nikotinpflaster einem Medikament gleichen. Nikotinpflaster sollten daher am Besten unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden und sind möglicherweise nicht für jeden geeignet. Sie sind auch keine Standardtherapie für Long-COVID und sollten als eine von vielen möglichen Optionen betrachtet werden. Auch sollte beachtet werden, dass das Aufnehmen von Nikotin durch das Rauchen von Zigaretten oder das Vapen absolut nicht geeignet für die Therapie von Long-COVID sind, da die Nebenprodukte des Rauches neben all den anderen negativen Eigenschaften auch proinflammatorisch wirken und die Erkrankung somit verschlechtern können. Es gibt sogar Hinweise, dass Rauchen die Wahrscheinlichkeit eines Post-COVID-Syndroms erhöht.
Fazit: Ein unkonventioneller Ansatz:
Die Verwendung von Nikotinpflastern zur Behandlung von Long-COVID mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Dennoch sollten die potenziellen Vorteile nicht übersehen werden. Trotzdem bleibt die Forschung in diesem Bereich begrenzt, und Studien sind erforderlich, um die Wirksamkeit, Sicherheit und Langzeitauswirkungen dieser Therapieoption zu bestätigen. Menschen, die an Long-COVID leiden und alternative Ansätze in Betracht ziehen, sollten immer eine qualifizierte ÄrztIn konsultieren, um die beste Behandlung für ihre individuellen Bedürfnisse zu ermitteln.
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